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Grüne glauben ARD und ZDF im Internet beschränkt PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Heiko Hilker   
Donnerstag, 16. Oktober 2008 um 18:48

ARD, ZDF und Deutschlandradio haben keine Freiheit an sich. Sie haben - so hat es das Bundesverfassungsgericht festgestellt - eine der Demokratie dienende Freiheit. Sie sollen einen Beitrag zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung leisten, und dies insbesondere durch Beiträge zur Information, zur Kultur und dann auch zur Unterhaltung. Dies ist der Ausgangspunkt.

Die GRÜNEN suggerieren mit der Überschrift zu ihrem Antrag, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk vom Internetzeitalter ausgeschlossen werden soll. Wer mal bei ARD, ZDF und Deutschlandradio nachsieht, kann einen Ausschluss vom Internetzeitalter derzeit nicht erkennen und ich glaube auch, dass das in Zukunft nicht geschehen wird. ARD, ZDF und Deutschlandradio nutzen das Internet schon sehr weitgehend. Natürlich kann man fordern, wie es die GRÜNEN unter Punkt 1 ihres Antrages gemacht haben, dass ARD und ZDF in Zukunft auch internetgeeignete Angebote machen sollen. Aber Internetjournalismus - so weiß es jeder, der sich mit Journalismus beschäftigt - ist etwas anderes als Hörfunkjournalismus oder Fernsehjournalismus. Das heißt, dann muss man sich auch fragen, ob ARD, ZDF und Deutschlandradio mehr Geld bekommen sollen oder ob sie in Zukunft vielleicht auch andere Prioritäten setzen, ja, ob man nicht vielleicht darüber nachdenkt, ob man mit weniger Geld mehr bieten kann.

Schauen Sie nach Großbritannien - es wurde angesprochen -, es gibt dort die BBC. Die BBC hat jährlich circa 4 Milliarden Euro zur Verfügung. ARD und ZDF liegen derzeit bei 7,6 Milliarden Euro. Sehen Sie sich an, was die BBC bietet: Es gibt einen Fernsehkanal für bis zu Dreijährige, einen Fernsehkanal für bis zu Sechsjährige, dann einen Jugendkanal usw. usf. Die BBC hat Programmformate, die weltweit gekauft werden - dies ist für die ARD nicht der Fall -, das heißt, es gibt einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der mehr öffentlichen Wert bietet und weniger kostet. Ich glaube, wir sollten auch darüber

diskutieren, wie ARD, ZDF und Deutschlandradio so reformiert werden können, dass sie vielleicht mit einer geringeren Rundfunkgebühr der Demokratie mehr bieten.

Schauen wir uns dann die Forderung an, die die GRÜNEN aufmachen. Herr Gerstenberg, sicherlich können Sie fordern, dass man hinter die Einschränkungen bzw. den EU--Kompromiss nicht zurückfallen soll. Aber die Frage wäre doch dann: Warum denn und in welchen Bereichen? Warum sollten ARD, ZDF und Deutschlandradio welche Angebote bieten? Dies wäre zu untersetzen. Natürlich ist die 24-Stunden-Regelung oder die 7-Tage-Befristung, Herr Hähle, sinnlos, selbst wenn sie die Anstalten vorgeschlagen haben, um einen Kompromiss anzubieten und der Staatsvertragsgeber das dann in den Text aufgenommen hat. Denn wer sich YouTube anschaut, der weiß: Wenn jemand etwas ins Netz einstellen will und etwas gefunden hat, dann ist es für immer drin. Deshalb ist es einfach unsinnig, diese zeitlichen Befristungen in einen solchen Staatsvertrag aufzunehmen. Allerdings müsste man sich darüber unterhalten, was insgesamt im Internet für ARD und ZDF gemacht werden soll.

Ich glaube aus meiner Erfahrung nicht, dass man durch Gutachten von externen Sachverständigen die Rundfunkgremien stärkt. Ich glaube, ARD, ZDF und Deutschlandradio brauchen externe Kontrolle, solch eine externe Kontrolle, wie sie zum Beispiel unabhängig die Kommission zur Ermittlung der Konzentration macht. Von allein werden die Rundfunkgremien ARD, ZDF und Deutschlandradio eben nicht reformieren, weil die meisten sich als Vertreter der Anstalten bzw. als Sprecher des Intendanten verstehen.

Natürlich können Sie Fortbildung einfordern. Aber mehr Bildung führt doch nicht dazu, dass die Leute in den Gremien kritischer herangehen und die Intendanten stärker kontrollieren. Wenn der Präsident der Handwerkskammer dankbar ist, dass einmal jährlich seine Meisterfeier übertragen wird, dann wird er seinen Intendanten nicht weiter kritisieren. Zumindest ist das meine Erfahrung.

Natürlich können Sie darauf verweisen, dass der neue Dreistufentest nur für neue Angebote angeboten werden soll. Dies ist eins zu eins ARD-Position. Herr Hähle hat es deutlich gesagt: Im EU-Kompromiss ist festgehalten, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio ein digitales Gesamtkonzept vorlegen sollen und dass dieses digitale Gesamtkonzept überprüft werden und den Dreistufentest durchlaufen soll.

Warum soll sich denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mit all seinen Angeboten einem sogenannten Mehrwerttest stellen? Was spricht denn dagegen? Warum haben ARD, ZDF und Deutschlandradio vor diesem Test Befürchtungen? Es kann doch nicht die Summe sein, die dafür aufzuwenden ist. Bei der BBC ist es so: Es gibt ein Gremium von 12 Sachverständigen, von 60 Mitarbeitern und einen Etat von 11 Millionen Pfund Sterling jährlich. Innerhalb von fünf Jahren, also innerhalb der nächsten fünf Jahre, werden dort alle Angebote entsprechend darauf getestet, ob sie der Öffentlichkeit etwas bieten. Ich glaube, wenn sich ARD, ZDF und Deutschlandradio - und Deutschland - ändern sollen, dann muss genau ein solches Gremium geschaffen werden, dann muss es genau einen solchen Test geben, und zwar für alle Angebote.

Wenn Sie fordern, Herr Dr. Gerstenberg, dass der EU-Kompromiss eins zu eins umgesetzt werden soll, dann will ich noch auf einen weiteren Punkt eingehen. Die EU-Kommission hat deutlich gemacht, dass sie verlangt, dass es keine Überkompensation für einzelne Anstalten geben soll. Das heißt, jede Anstalt soll für die Gebührenperiode nur so viel Geld bekommen, wie sie braucht, wie ihr zusteht. Bisher ist es noch so, dass WDR, NDR, Bayerischer Rundfunk und Südwestrundfunk mehr Geld bekommen, als ihnen zustehen. Die ARD ist bis zum heutigen Tage nicht in der Lage, einen entsprechenden Finanzausgleich vorzulegen, der dafür sorgt, dass die anerkannten Gelder die Anstalten bekommen, für die sie anerkannt wurden. So werden die Großen gestärkt und die Schwachen weiter geschwächt. Ich glaube, wenn man den EU-Kompromiss eins zu eins umsetzen will, dann muss das zeitnah geschehen und dies entsprechend auch mit dem nächsten Staatsvertrag.

Ich meine, der vorliegende Antrag wird ARD und ZDF nicht gerecht, höchstens in dem Sinne, dass man deren Position eins zu eins übernimmt. Aber wer die Position der Intendanten von ARD und ZDF eins zu eins übernimmt, der sichert nicht die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.


Freie Rede auf der 120. Landtagssitzung, 16.10.2008, Antrag der Fraktion GRÜNE in Drs 4/13441